Zylinderkurbelgehäuse von Verbrennungsmotoren werden in der Endbearbeitung gehont. Dabei werden Honleisten gegen die Oberfläche gepresst. Sie führen eine kombinierte Dreh- und Hubbewegung aus und bearbeiten so die Zylinderinnenfläche. So entstehen die typischen gekreuzten Honriefen, die für die tribologischen Eigenschaften im Kontakt mit dem Kolbenring als Gegenkörper notwendig sind. In einem Förderprojekt wurden am Fraunhofer IST in Kooperation mit dem Institut für Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik (IWF) der Technischen Universität Braunschweig neuartige CVD-Diamant-Honleisten entwickelt und erfolgreich getestet, die mehrere Vorteile gegenüber den herkömmlichen Honleisten aufweisen.
Bisher verwendete Honleisten bestehen aus gebundenen Diamantkörnern. Der Nachteil dabei ist, dass in den meisten Fällen eine drei- bis vierstufige Prozesskette notwendig ist, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Darüber hinaus wird eine vergleichsweise große Menge an Schmierstoffen benötigt. Die neuartigen Honleisten weisen hingegen eine Kombination aus geometrisch bestimmten Schneiden, der Pyramidenstruktur (vgl. Abbildung oben), und geometrisch unbestimmten Schneiden, den Kristallitspitzen der mikrokristallinen CVD-Diamantschicht (vgl. nebenstehende Abbildung oben), auf. Dadurch erhält man eine stark erhöhte Freiheit in der Gestaltung des Werkzeugs und damit in der Ausprägung der Oberflächentopographie des bearbeiteten Werkstücks. Dies erlaubt es gegebenenfalls, die Prozesskette zu verkürzen und weitgehend bzw. vollständig auf Schmierstoffe zu verzichten.
In einem ersten Schritt wurde am IWF die Fertigungstechnik zum Schleifen verschiedener Pyramidengeometrien in die keramischen Honleistengrundkörper entwickelt. Parallel dazu wurde am Fraunhofer IST an einer Beschichtungstechnik für konturgetreue und extrem haftfeste CVD-Diamantschichten gearbeitet, die 12 bis 24 Mikrometer dick sind und über variable Kristallitgrößen verfügen (vgl. nebenstehende Grafik). Die Prototypwerkzeuge wurden am IWF beim Honen von Grauguss und einer eisenhaltigen thermischen Spritzschicht getestet. Es zeigte sich, dass sowohl beim Außen- als auch beim Innenrundhonen eine Bearbeitung problemlos möglich war. In einem Langzeittest über 17 Stunden trat nur geringer Verschleiß auf, ohne dass das Standzeitende erreicht wurde. Es kam zu keinem Spänestau und keinen Zusetzungen; die in den Rauheitstälern verbleibenden Späne (vgl. nebenstehende Abbildung Mitte) konnten leicht entfernt werden. Darüber hinaus wurden bei einem identischen Honbild die gleichen Zeitspanungsvolumina und Werkstückrauheiten wie mit konventionellen Honleisten erreicht. Zudem konnte mit den neuen Werkzeugen erstmals eine Bearbeitung mit Minimalmengenschmierung und sogar eine komplette Trockenbearbeitung beim Honen durchgeführt werden.
Das IGF-Vorhaben 18682 N der Forschungsvereinigung Deutsche Gesellschaft für Galvano- und Oberflächentechnik e. V. – DGO, Itterpark 4, 40724 Hilden wurde über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags gefördert.
Dieser Beitrag ist Teil des Jahresberichts 2017.