Die Texturierung von Werkzeugoberflächen und hochbelasteten Bauteilen ermöglicht eine gezielte Einstellung des tribologischen Kontakts, die weit über die Möglichkeiten der reinen Material- und Schichtentwicklung hinausgeht. Tribologisch wirksame Strukturen und Texturen können die vorherrschenden Reibkräfte entscheidend beeinflussen. Ein hohes Potenzial birgt zum Beispiel die spanende Bearbeitung von Werkstoffen mit starker Adhäsionsneigung. Im Rahmen des Fraunhofer-internen Projekts TexSpan wurden geeignete Methoden zur Herstellung von laserstrukturierten und mit Diamant oder AlTiN beschichteten Hartmetallwendeschneidplatten entwickelt.
Die wirtschaftliche und nachhaltige spanende Bearbeitung von Aluminium- und Stahlwerkstoffen ist von großer Relevanz für den Fahrzeug- und Maschinenbau sowie für die Luftfahrt. Die hohe Adhäsionsneigung vieler Werkstoffe stellt jedoch eine große Herausforderung dar. Werkstoffanhaftungen auf der Werkzeugoberfläche erhöhen den Werkzeugverschleiß, mindern die Bauteilqualität und drosseln die Produktivität. Tribologische Strukturen zur Reduktion von Werkstoffanhaftungen sind aus grundlegenden Untersuchungen bekannt. Für die technologische Verifizierung und die nachfolgende wirtschaftliche Verwertung ist bisher jedoch zum einen noch eine systematische Untersuchung darüber erforderlich, welchen Einfluss verschiedene Texturgeometrien in Hinblick auf die Reduktion der Werkstoffanhaftungen haben. Zum anderen fehlen Erkenntnisse über einen effektiven und wirtschaftlichen Herstellungsprozess dieser Texturen. Die herkömmlichen Verfahren zur Formgebung von Hartmetallwerkzeugen, wie zum Beispiel die Grünbearbeitung oder die Bearbeitung von gesintertem Hartmetall durch Erodieren oder mechanische Verfahren, sind in der Gestaltungsfreiheit möglicher Strukturen und Dimensionen eingeschränkt und in vielen Fällen unwirtschaftlich.
Im Projekt TexSpan wurden Verfahren zur Texturierung von Spanflächen mittels Laserablation entwickelt und dabei sowohl Parameter für die Bearbeitung von Hartmetallwerkzeugen als auch die Bearbeitung von AlTiN- und Diamantschichten erforscht. Anschließend wurden Behandlungsabfolgen für die Beschichtung von laserstrukturiertem Hartmetall entwickelt. Dabei wurde unter anderem das Mikrosandstrahlen als optionale Vorbehandlung untersucht. Ebenso wurden die Reinigungs- und chemische Ätzbehandlung, die PVD-Abscheidung von AlTiN und die Heißdraht-CVD-Abscheidung von Diamant betrachtet. Als zusätzlicher Optimierungsansatz wurden Einlaufschichten aus amorphem Kohlenstoff getestet. Für die Evaluierung der spanenden Bearbeitung von rostfreiem Stahl (V4A) und einer übereutektischen Aluminium-Silizium-Legierung (AlSi17) wurden strukturierte und nachfolgend beschichtete Werkzeuge hergestellt. Dazu wurden Näpfchen- und Rillenstrukturen in Faktor-Stufen-Versuchsplänen parametrisiert und dabei möglichst große Bereiche verschiedener Strukturgrößen und bearbeiteter Flächenanteile untersucht, die aus Sicht der Anwendung als interessant einzuschätzen und praktikabel umsetzbar sind.
Die Laser-Bearbeitung von Wendeschneidplatten aus Hartmetall (WC-Co) mit einem Ultrakurzpuls-Scheibenlaser erlaubt die zuverlässige, flexible und schnelle Erzeugung von Näpfchen-, Rillen- und weiteren Strukturen in dem gewählten Strukturgrößenbereich von 25 µm bis 100 µm mit Strukturtiefen von 15 µm bis 30 µm. Mit adaptierten Vorbehandlungs- und Beschichtungsprozessen können texturierte Spanflächen sowohl mit AlTiN als auch mit Diamant von guter Qualität und Schichthaftung kombiniert werden (vgl. Bild 1 und 2). Die diamantbeschichteten Werkzeuge zeigten beim Drehen von AlSi17 keinen sichtbaren Verschleiß. Die Versuche lassen zwar eine leicht reduzierte Ausprägung von Werkstoffanhaftungen auf bestimmten Werkzeugen erkennen, es wurde aber kein systematischer Zusammenhang zur Gestalt der verschiedenen Strukturen sichtbar.
Diamantschichten mit zusätzlicher Einlaufschicht zeigten in den Drehversuchen von AlSi17 eine deutlich reduzierte Neigung zur Ausbildung von Anhaftungen. Insbesondere in Kombination mit einem hohen laserbearbeiteten Flächenanteil (40 %) und großem Näpfchenabstand (140 µm) wurden die besten Ergebnisse erzielt.
Die entwickelten Behandlungsabfolgen zur Herstellung von strukturierten und beschichteten Werkstoffoberflächen lassen sich auf weitere Werkzeugsysteme in der Zerspan- und Umformtechnik sowie auf hochbelastete Bauteile übertragen. Die Kombination mit adaptierbaren Multifunktions- und Einlaufschichten ermöglicht die Anpassung an verschiedene Tribosysteme, Einsatzbedingungen und Anwendungen, die in weiterführenden Projekten erarbeitet werden sollen.
Das mittelstandsorientierte Eigenforschungsprojekt TexSpan wurde aus Mitteln der Fraunhofer-Gesellschaft finanziert. Beteiligt waren das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK und das Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST.
Dieser Beitrag ist Teil des Jahresberichts 2021.