Zur Verbesserung der Abwasserreinigung von Schwermetallen wurde am Fraunhofer IST ein Atmosphärendruck-Plasmaverfahren entwickelt, um Filtermembranen gezielt zu funktionalisieren.
Im Jahr 2025 werden nach Angaben der Food and Agriculture Organization (FAO) allein in den Vereinigten Staaten [1] 1,8 Millionen Menschen unter absolutem Wassermangel leiden. Die Aufbereitung von Wasser in geeigneter Qualität ist daher von enormer Bedeutung. Ziel des Projekts »M2ARS« war es, eine oberflächenfunktionalisierte Filtermembran aus kostengünstigem Polypropylen (PP) zu entwickeln, die im Wasser enthaltene gesundheitsschädliche Metallionen hochselektiv an der Oberfläche ihrer Poren bindet. Ein weiterer Vorteil neben dieser Selektivität ist, dass die Filterung auf dem Prinzip der Adsorption beruht, sodass die Membran nicht nanoporig sein muss. Dadurch kann auf den Einsatz hoher Drücke verzichtet werden. Gleichzeitig wird das Risiko des Verstopfens der Membran deutlich reduziert. Das Atmosphärendruck-Plasmaverfahren zur Funktionalisierung der Membran erlaubt es, Plasmen auch in kleinsten Hohlräumen bis zu 10 µm zu zünden.
Metallionen können in Form sogenannter Chelatkomplexe gebunden werden. Die Metallionen bilden dabei das Zentralatom, das von einem mehrzähnigen Liganden, d.h. einem Molekül, das mindestens zwei freie Elektronenpaare besitzt, gebunden wird. Bei dieser koordinativen Bindung werden die Bindungselektronen allein vom Liganden bereitgestellt. Mittels Atmosphärendruck-Plasmafunktionalisierung konnten am Fraunhofer IST sogenannte β-Diketone auf der PP-Oberfläche generiert werden, die als Liganden die Metallionen in Form von Chelatkomplexen binden (siehe nebenstehende obere Abbildung). Dafür wurde zunächst ein geeigneter Versuchsstand zur Erzeugung der β-Diketone durch ein Plasmaverfahren aufgebaut und getestet, das auf dem Prinzip der dielektrisch behinderten Entladung (DBE) bei Atmosphärendruck basiert. Durch den Einsatz poröser Elektrodenmaterialien ließ sich der Gasstrom gerichtet durch die Membran hindurchleiten (siehe Abbildung oben).
Innerhalb der Projektlaufzeit konnte ein grundsätzlicher Funktionsnachweis auf Flachsubstraten erbracht werden: die β-Diketone auf der PP-Oberfläche sowie die Anbindung von Metallionen konnten jeweils erfolgreich mittels FTIR-ATR- und XPS-Spektroskopie nachgewiesen werden. Auf der β-Diketon-funktionalisierten PP-Oberfläche bildeten sich beispielsweise nach einer Auslagerung in einer wässrigen Eisen(III)-Lösung entsprechende Chelatkomplexe mit Eisen(III)-Ionen.
In der nebenstehenden unteren Abbildung sind die XPS-Übersichtsspektren einer unbehandelten PP-Schicht, einer plasmaaktivierten PP-Schicht und einer plasmaaktivierten PP-Schicht nach der Auslagerung in einer wässrigen Eisen(III)-Lösung dargestellt. Durch die Plasmaaktivierung wurde die gewünschte sauerstoffhaltige Funktionalisierung erreicht. Auf der ausgelagerten Probe konnte deutlich Eisen nachgewiesen werden, wohingegen kaum Chlor detektiert wurde. Somit konnte gezeigt werden, dass ausschließlich Eisenionen auf der Oberfläche gebunden wurden. In einer anderen Versuchsreihe wurde die plasmafunktionalisierte PP-Schicht in einer Kupfer(II)-Lösung ausgelagert. Auch dort konnte die Adsorption von Kupfer erfolgreich demonstriert werden. Der Prozess wurde zudem auf das 5 mm dicke Filtermaterial übertragen. Die Eindringtiefe der Behandlung wurde dabei durch eine Anfärbung mit Methylenblau untersucht. Dabei wurde bisher keine vollständige Durchdringung des Materials erreicht.
Zukünftig soll durch eine Optimierung der Plasmaaktivierung sowie durch die Anpassung des Membranmaterials (z. B. Dicke, Porenverteilung) eine vollständige Aktivierung des Materials erreicht werden. Zudem ist geplant, das Membranmaterial hinsichtlich der Filtrationsleistung von Metallen zu testen. Ein wichtiger Schwerpunkt dabei wird auch die Regeneration der Membranen und die damit verbundene Rückgewinnung der gefilterten Metalle sein. Auf Basis des evaluierten Plasmaprozesses, welcher sich gut in einen industrietauglichen Rolle-zu-Rolle-Prozess übertragen lässt, lassen sich weitere interessante Forschungsfelder erschließen wie z. B. die Isolierung von Feinchemikalien aus industriellen Abfallstoffen. In der Papierherstellung werden beispielsweise jährlich weltweit mehr als 500 Millionen Tonnen Schwarzlauge hergestellt, welche neben Lignin als Hauptprodukt weitere wertvolle Chemikalien wie Vanillin, Pestizide oder auch Pigmentruß beinhaltet.
Dieser Beitrag ist Teil des Jahresberichts 2019.