Aufbau zur hochpräzisen Wellenfrontmessung

Im Rahmen der Euclid-Mission untersucht die ESA dunkle Materie sowie die Entstehung und Ausdehnung des Universums. Das dabei eingesetzte Instrument besitzt ein Abbildungssystem für den sichtbaren und ein Spektrometer für den nahen Infrarotbereich. Die Geräte vermessen das Lichtspektrum weit entfernter Sterne, weshalb die Optik entsprechend hochwertig ausgelegt ist. Die Separation der beiden Kanäle erfolgt mit Hilfe eines Strahlteilers. Physikalisch bedingt – die Teilung erfolgt mit Hilfe einer dielektrischen Multilagenbeschichtung – zeigt der Strahlteiler bestimmte Wellenfrontfehler je nach Wellenlänge und Einfallswinkel. Um das Bauteil überhaupt geeignet charakterisieren zu können, wird ein eigens entwickelter Messaufbau benötigt, dessen Entwicklung das Fraunhofer IST im Rahmen einer Designstudie bearbeitete. 

Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen 6, 7 und 11: Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen bezahlbare und saubere Energie, nachhaltige Städte und Gemeinden
Spotbild gemessen auf dem Shack-Hartmann-Sensor UHR3 von Optocraft bei einer Wellenlänge von 1064 nm.
© Fraunhofer IST
Spotbild gemessen auf dem Shack-Hartmann-Sensor UHR3 von Optocraft bei einer Wellenlänge von 1064 nm.
Strahlengang zur Messung des Wellenfrontfehlers
© Fraunhofer IST
Strahlengang zur Messung des Wellenfrontfehlers für einen Einfallswinkel von 4°.
Simulierte Oberflächenverformung des Substrats
© Fraunhofer IST
Simulierte Oberflächenverformung des Substrats in Z-Richtung aufgrund der Halterung.

Die Herausforderung

Für optische Systeme mit hochgenauen Abbildungseigenschaften spielt die Wellenfrontdeformation neben anderen Abbildungsfehlern eine entscheidende Rolle. Die Anforderungen an einen solchen wie für das ESA-Projekt benötigten Aufbau sind daher enorm hoch: Zum einen soll die polarisationsabhängige Messung des reflektierten Wellenfrontfehlers sowie die Punktspreizfunktion des Dichroiten über einer Apertur von 117 mm ermöglicht werden. Zum anderen muss der Spektralbereich von 510 bis 950 nm mit einer Auflösung von <0.4 nm abgedeckt werden. Darüber hinaus ist eine Anpassungsmöglichkeit des Einfallswinkels zwischen 0°, bzw. zwischen 4 und 20° gewünscht.

Messaufbau

Um chromatische Aberrationen zu vermeiden, wurde ein Design mit Spiegeloptiken gewählt. Als Lichtquelle dient ein durchstimmbarer Weißlichtlaser, die Messung der eigentlichen Wellenfront erfolgt über einen sogenannten Shack-Hartmann-Sensor. Die beiden Polarisatoren sowie die Bühne zum Einstellen des Einfallswinkels können motorisiert betrieben werden. Lediglich für die Messung unter 0° Einfallswinkel muss ein zusätzlicher Strahlteiler eingefügt werden.

Der Shack-Hartmann-Sensor als zentrale Komponente des Messaufbaus wurde hinsichtlich Brennweite, Anzahl und Separierung der Mikrolinsen optimiert. So war es möglich, die Wiederholbarkeit des Sensors von 2 nm auf unter 0,97 nm im ganzen Wellenlängenbereich zu reduzieren. Darüber hinaus wurden Geisterbilder, Rausch- und Dynamikverhalten des Sensors untersucht.

Messgenauigkeit

Über eine Monte-Carlo-Simulation wurde schließlich der kumulierte Wellenfrontfehler des gesamten Aufbaus auf 45,3 nm (4-20°), bzw. 66,5 nm (0°) abgeschätzt. Da der Wellenfrontfehler nur als relative Größe aus zwei Wellenfrontmessungen zugänglich ist, wird eine entsprechend genaue Referenzierung benötigt. Die eigentliche Genauigkeit der Messung wurde mithilfe eines extern vermessenen Referenzsubstrats, sowie über die Rekonstruktion und Widerholbarkeit des Sensors auf 1,71 nm RMS bestimmt.

Ausblick

Die durchgeführte Designstudie ebnet den Weg für hochgenaue Wellenfrontmessungen über breite Spektralbereiche, die in ähnlichen Aufbauten realisiert werden können. Die Kompetenzen im Bereich der optischen Messtechnik und Charakterisierung sowie im Optikdesign, auch mittels ZEMAX, ergänzen das am Fraunhofer IST vorhandene Know-How zu präzisionsoptischen Beschichtungen.

Das Projekt

Diese Forschungsarbeit wurde im Rahmen des Projekts No. AO/1-10283/20/NL/PM von der ESA finanziert und mit Unterstützung von Asphericon (Toleranzanalyse) und Optocraft (Messungen der Shack-Hartmann-Konfigurationen) durchgeführt.