Die ressourceneffiziente Fertigung von Kunststoffbauteilen im Spritzguss setzt eine exakte Temperierung und Durchflussregelung der Spritzgusswerkzeuge voraus. Um die Auslegung und Überwachung der Werkzeugtemperierung zu verbessern, müssen die realen Temperaturen, Drücke und Durchflüsse während des Spritzgussprozesses erfasst werden. Um diese zu ermitteln, wird am Fraunhofer IST ein Multikupplungseinsatz mit einem multisensorischen und medienbeständigen Dünnschichtsystem entwickelt, das in direktem Kontakt mit überströmendem Wasser die Größen Temperatur, Druck und Durchfluss messen soll.
Das Ziel des Projekts »TivSee« ist, den sensorischen Einsatz direkt in Kontakt mit überfließendem Wasser sowie verschiedenen industriellen Reinigungsmitteln und Korrosionsinhibitoren in den Heiz- und Kühlkreislauf der Temperiertechnik zu integrieren. Daher muss sichergestellt werden, dass das sensorische Dünnschichtsystem belastbar und hochresistent gegenüber chemischen Angriffen, Wasser und Temperatur ist. Dazu wurde ein Testaufbau entwickelt, um die Eignung und das Verhalten der Sensorstrukturen sowie der schützenden Deckschicht in Dauertests zu untersuchen.
Als Lösung wurde ein spezieller Sensoreinsatz zur Integration in eine 6-Kreis-Multikupplung konstruiert. Auf dieses wechselbare Modul wurde das multisensorische Schichtsystem haftfest bis in die Innenbereiche der Bohrung abgeschieden und es wurden Leiterbahnen über den Rundungsbereich hinweg strukturiert. Dieses am Fraunhofer IST entwickelte sensorische und medienbeständige Dünnschichtsystem basiert auf DLC-Schichten (diamantähnlicher Kohlenstoff, engl. diamond-like carbon), die mittels PECVD-Technologien (plasmaunterstützte chemische Gasphasenabscheidung, engl. plasma-enhanced chemical vapor deposition) hergestellt werden. Durch die Integration chrombasierter Sensorstrukturen wird die ortsauf-gelöste Messung von Druck und Temperatur ermöglicht. Die Fertigung dieser Sensorstrukturen erfolgt durch eine Kombination von Photolithographie und nasschemischen Ätzverfahren.
Der erbrachte Nachweis der Beständigkeit des sensorischen Dünnschichtsystems eröffnet weitere Anwendungsfelder im Bereich der Realisierung hochbelastbarer Sensorik für tribologisch anspruchsvolle Systeme. Außerdem konnten auf Basis der durchgeführten Temperaturmessungen wichtige Erkenntnisse zu Messprinzipien für die Durchflussmessung in der Dünnschichttechnik erarbeitet werden, die zukünftig weiter unter-sucht werden sollen. Multisensorische Dünnschichtsysteme bieten zudem weitreichende Möglichkeiten im Bereich der in-situ Überwachung in cyber-physischen Produktionssystemen.
Die Ergebnisse des Projekts werden genutzt, um die grundlegend erarbeiteten Messprinzipien zur Durchflussmessung weiterzuentwickeln. Darüber hinaus wird die erarbeitete Lösung zur Temperatur- und Druckmessung in weiteren Testphasen bei Pilotkunden untersucht. Perspektivisch soll so ein Messsystem für die kombinierte Erfassung von Temperatur, Druck und Durchfluss entstehen.
Die beschriebenen Ergebnisse wurden innerhalb des ZIM-Kooperationsprojekts »Temperierkupplung mit integrierter vernetzter Sensortechnik« (TivSee) erzielt, an dem das Fraunhofer IST gemeinsam mit den Firmen Nonnenmann GmbH und eck*cellent IT GmbH arbeitet. Das Projekt wurde gefördert durch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags sowie der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF).
Dieser Beitrag ist Teil des Jahresberichts 2021.