Elektronenstrahlbehandlung von Ti(1-x)AlxN-Schichten auf Vergütungsstahl
Am Fraunhofer IST wurde die Simulationssoftware Thermo-Calc bei der Elektronenstrahlbehandlung (EBH) von Ti(1-x)AlxN-Schichten auf Vergütungsstahl eingesetzt und dabei interessante Erkenntnisse über Materialeigenschaften gewonnen. Vor der Elektronenstrahlbehandlung ist an den Focused Ion Beam (FIB)-Präparaten eine periodisch morphologische Schichtstruktur zu erkennen, die durch die Substratrotation im Beschichtungsprozess verursacht wird. Im Verlauf der EBH löst sich diese Struktur des Sublayers auf und eine Matrixstruktur mit globularen Einschlüssen bildet sich (vgl. nebenstehende obere Abbildung). Die Vorgänge, die zu dem Phänomen führen, lassen sich mit Hilfe einer chemischen Analyse und der Simulation mittels Thermo-Calc erklären.
Die Analyse
Phasen- und Zustandsdiagramme für die verschiedenen Bereiche im Material, die zunächst mit der Software Thermo-Calc erstellt wurden, zeigen, dass sich das Gefüge der Verbindungsschicht und des Sublayers stark unterscheiden. Die TiAlN-Schicht besteht weitgehend aus kubisch flächenzentriertem Mischkristall und Aluminiumnitrid, während sich im Sublayer hauptsächlich ein hexagonal dichtest gepackter Mischkristall und eine Ti2N-Phase bilden. Die Variation der Elementkonzentrationen um die gemessenen Werte ergibt, dass bei bestimmten chemischen Zusammensetzungen ab rund 1000 °C eine flüssige Aluminiumphase auftritt (vgl. nebenstehendes Diagramm oben). Tatsächlich können durch Einwirkung des Elektronenstrahls lokale Temperaturen von deutlich über 1000 °C erreicht werden, sodass es in den entsprechenden Bereichen zur Ausscheidung von Aluminium kommt, das anschließend wieder erstarrt. Darüber hinaus wurden weitere Materialeigenschaften wie die Solidustemperatur und die Dichte in Abhängigkeit der chemischen Zusammensetzung berechnet. Danach erreicht der Verlauf der Solidustemperatur zwischen 35 und 45at% Stickstoff einen Tiefpunkt (vgl. nebenstehendes Diagramm unten) und entspricht dort etwa der Ausscheidungstemperatur des flüssigen Aluminiums.
Die Ergebnisse
Die Modellierung der Vorgänge während der EBH von TiAlN-Schichten mittels Thermo-Calc liefert eine plausible Erklärung für die beobachteten Strukturänderungen. Sie legt nahe, dass lokal kleine Volumina durch den Elektronenstrahl auf Temperaturen oberhalb der Solidustemperatur erhitzt werden, sodass flüssiges Aluminium ausgeschieden wird, erstarrt und im Querschliff als globulare Ausscheidungen mit geringerer Dichte zurückbleibt.
Ausblick
Die CALPHAD-Methode wird in weiteren Projekten zur Unterstützung eingesetzt. Dabei rückt die Simulation von Diffusionsvorgänge in komplexen Werkstoffen mit Hilfe der Zusatzsoftware DICTRA zunehmend in den Fokus.