
Tribokorrosive Beanspruchung tritt in zahlreichen Anwendungen auf – von der Wasser- und Energiewirtschaft über die Medizintechnik bis hin zur Produktionstechnik, etwa bei der Extrusion neuer Werkstoffe. Die tribologische Untersuchung solcher Beanspruchungen ist eine zentrale Kompetenz des Fraunhofer IST. Sie ermöglicht die Bewertung von anwendungsspezifischen Belastungen und bildet die Grundlage für gezielte Anpassungen der Oberflächen und Randschichten von Bauteilen und Werkzeugen. Durch die Erweiterung dieser Expertise um die Analyse tribologischer Wechselwirkungen unter zusätzlicher korrosiver Beanspruchung erschließt das Fraunhofer IST neue Anwendungsfelder. Die tiefgehende Untersuchung der Tribokorrosion eröffnet zudem das Potenzial für ein Alleinstellungsmerkmal in der industrienahen Beanspruchungsanalyse.
In tribokorrosiven Umgebungen wirken Korrosion und mechanischer Verschleiß gleichzeitig und verstärken sich gegenseitig, was den Schadensgrad erheblich beeinflusst. Herkömmliche Prüfmethoden, die entweder nur den Verschleiß oder die Korrosion isoliert betrachten, greifen daher zu kurz. Da tribokorrosive Prozesse häufig langsam verlaufen, sind zeitlich skalierbare Prüfverfahren erforderlich, um die Schadensmechanismen realitätsnah zu modellieren und neue Werkstoffkonzepte systematisch zu untersuchen.
Die Prüfumgebung des Fraunhofer IST ermöglicht durch einen eigens entwickelten Prüfstand eine realitätsnahe und beschleunigte Erfassung von Verschleiß unter erhöhten Korrosionsbedingungen. Die hohe Flexibilität des Prüfstands erlaubt maßgeschneiderte Prüfabläufe – von grundlegenden Untersuchungen zur Massenverlustbestimmung bis hin zu detaillierten Analysen einzelner Tribokorrosionskomponenten.
Wesentliche Parameter wie der Anströmwinkel sowie die Zusammensetzung der Abrasivmittel und Elektrolyte können an spezifische Anwendungsbedingungen angepasst werden, um die Beanspruchung möglichst realitätsnah zu simulieren. Die wissenschaftliche Dokumentation für den Auftraggeber umfasst neben den ermittelten Tribokorrosionskennwerten – abgeleitet von den Massenverlusten und Stromdichte-Potentialkurven –auch hochauflösende Aufnahmen der veränderten Topografie der Materialproben. Dies ermöglicht eine umfassende Bewertung der Einflüsse der jeweiligen Anwendungsumgebung. Am Beispiel des Werkstoffs 1.4404 zeigt sich eine zunehmende Stromdichte als Indikator für eine erhöhte Korrosionsgeschwindigkeit, sobald eine zusätzliche mechanische Beanspruchung eintritt.
Für eine präzise Abbildung der Anwendungsumgebung müssen definierte Rahmenbedingungen für den Prüfstand erfüllt sein:
Der in Eigenregie entwickelte Prüfstand hat bereits in Pilotversuchen erfolgreich bestätigt, dass die erarbeiteten Prüfroutinen fundierte Informationen zur hybriden Verschleißbeanspruchung und zur Bewertung verschiedener Werkstoffzustände liefern. Auf dieser Basis wird der Prüfstand konstruktiv und technisch weiterentwickelt, um ihn als Serienprüfstand mit den etablierten Prüfroutinen nutzbar zu machen. Zur Effizienzsteigerung wird eine Parallelisierung der Probenbearbeitung umgesetzt. Zudem erfolgt die Integration von Sensoren zur Erfassung wesentlicher Prüfparameter. Die gewonnenen Daten werden digital erfasst und in einer Datenbank abgelegt, um eine lückenlose Dokumentation sowie weiterführende Untersuchungen zu ermöglichen.