Die Additive Fertigung als Produktionsverfahren für die Herstellung von Bauteilen und Komponenten nimmt heute, und mehr noch in der Zukunft, eine bedeutende Rolle ein. Das Design hochkomplexer Geometrien, gepaart mit den unterschiedlichsten Materialien wie Metallen, Keramiken oder Kunststoffen, eröffnet eine Vielfalt, die mit den traditionellen Herstellungsverfahren wie Drehen oder Fräsen nicht möglich ist. Eine Schwachstelle der additiven Fertigung ist derzeit noch die Oberfläche, die je nach Fertigungsverfahren sehr unterschiedlich sein kann. Das kann zu Problemen im Einsatz der Bauteile führen und erfordert eventuell eine Oberflächenbehandlung. Am Fraunhofer IST werden daher additiv gefertigte Bauteile galvanisch metallisiert und mit den gewünschten Oberflächeneigenschaften versehen.
Bisher werden in der Raumfahrt sogenannte Strukturbauteile, d. h. Halterungen, Verbindungsstücke o.ä. aus Metall mit herkömmlichen Verfahren wie Drehen oder Fräsen gefertigt. Diese Teile sind schwer und, bedingt durch die Fertigungsverfahren, nicht immer optimal im Design. Werden diese Bauteile mittels additiver Verfahren hergestellt, so lassen sie sich vorteilhafter konstruieren, zum Beispiel um Gewicht zu sparen oder verbesserte mechanische Eigenschaften zu erhalten. Ersetzt man den Werkstoff Metall durch Kunststoffe, so kann man das Gewicht noch weiter reduzieren. Allerdings haben Kunststoffe gegenüber Metallen einige Nachteile, beispielsweise sind sie ohne entsprechende Beschichtung nicht leitfähig.
In dem vom DLR im Rahmen des Programms »InnoSpace Masters« geförderten Forschungsprojekt AMPFORS (Additive Manufacturing of Polymer Parts for Space) wird daher am Fraunhofer IST zusammen mit der Firma OHB AG in Bremen sowie der Rauch CNC Manufaktur in Baden-Baden untersucht, wie die Metallisierung von additiv hergestellten Bauteilen aus Kunststoff die Eigenschaften verbessern kann. Diese Bauteile sollen in der Raumfahrt eingesetzt werden und müssen eine Vielzahl besonderer Eigenschaften erfüllen. So neigen Polymere im Vakuum zum Ausgasen von Wasser oder nicht reagiertem Monomer, das sich auf optischen Instrumenten niederschlagen und ihre Funktion beeinträchtigen kann. Auch müssen die Oberflächen leitfähig sein, um eine elektrische Aufladung der Teile im Weltraum zu verhindern.
Innerhalb des Projekts werden aus dem Hochleistungskunststoff Polyetheretherketon (PEEK) sowie dem Konstruktionskunststoff Polyamid (PA) Bauteile mit Hilfe des additiven Fertigungsverfahrens SLS (Selective Laser Sintering) hergestellt. Diese Teile wurden im Anschluss am Fraunhofer IST galvanisch metallisiert und getestet. Als Metall wurde eine Nickelschicht mit unterschiedlichen Schichtdicken von 0 – 150 µm aufgebracht. Erste Untersuchungen zeigen, dass die Metallschichten haftfest auf den Kunststoffoberflächen aufgebracht werden können. Der für Raumfahrtanwendungen wichtige Hafttest ECSS-Q-ST-70-17C, ein Thermoschocktest, wurde erfolgreich durchgeführt. Ebenso zeigte sich, dass die mechanischen Eigenschaften durch die Metallisierung dramatisch verbessert wurden. So steigt zum Beispiel der E-Modul von unbeschichtetem PEEK von 4,8 GPa auf 20 GPa bei einer Schichtdicke von 150 µm Nickel auf dem Kunststoff. Ähnlich verhält es sich mit Polyamid (PA), wo sich der E-Modul von 1,5 GPa auf 12,5 GPa (vgl. nebenstehende untere Abbildung) erhöht. Biege- und Kompressionsmodul steigen entsprechend.
Im weiteren Rahmen des Projekts muss geklärt werden, inwieweit die mögliche Geometrieoptimierung die Metallisierung beeinträchtigt. Galvanische Verfahren leiden darunter, dass sich komplexe geometrische Strukturen nur noch bedingt metallisieren lassen, da das notwendige elektrische Feld häufig abgeschirmt wird. Lösungen können hier chemische Metallisierungsverfahren sein.
Dieser Beitrag ist Teil des Jahresberichts 2019.