Das Kilogramm ist die letzte Größe im internationalen Einheitensystem SI, die durch einen makroskopischen Körper – das Ur-Kilogramm – definiert wird. Alle anderen Einheiten werden bereits auf atomare Prozesse, Molekül-Eigenschaften oder Naturkonstanten zurückgeführt. Gelingt es, die Atome in einem Siliziumkristall der Masse 1 kg mit höchster Präzision zu zählen, kann das materielle Kilogramm zukünftig auch durch eine physikalische Konstante ersetzt werden.
An der Oberfläche der Siliziumkugeln liegt immer eine natürliche Schicht aus SiO2 vor, die ebenfalls Einfluss auf Masse und Volumen der Kugeln hat. Diese native Schicht wächst langsam, zum Teil aber sehr ungleichmäßig. Dadurch lässt sich das tatsächliche Gewicht sowohl der Oxidschicht als auch der Kugel sehr schwer messen. Für die Neubestimmung der Avogadro-Konstante wird daher eine alternative, homogene SiO2-Beschichtung untersucht, um Messunsicherheiten zu verringern und Volumen und Masse der Kugel präzise bestimmen zu können.
Mithilfe der am Fraunhofer IST verfügbaren Atomlagenabscheidung (ALD, Atomic Layer Deposition) können stöchiometrische SiO2-Schichten mit definierter Rauheit und einstellbarer Schichtdicke abgeschieden werden, deren Beschaffenheit den hohen Anforderungen entspricht: Sie sind reproduzierbar und können als extrem dünne Oxidschicht mit homogener Dicke auf der Kugel aufgebracht werden. Potenzielle Verunreinigungen wie Kohlenstoff oder Stickstoff liegen unterhalb der Nachweisgrenze, die Rauheit der Schichten bleibt unter einem Nanometer.
Die am Fraunhofer IST entwickelten SiO2-Schichten lassen sich nicht nur auf Kugelsysteme, sondern auf beliebig komplex strukturierte Oberflächen aufbringen. Mögliche zukünftige Einsatzbereiche sind daher vielfältig und reichen von optischen Anwendungen über den Halbleiter- und Elektronikbereich bis hin zur Medizintechnik.