Im Projekt SE.MA.KI soll das Gesamtkonzept eines Produktionssystems für die Beschichtungstechnik geplant werden. Essentiell für den Erfolg der Arbeit sind die Schnittstellen zu weiteren Fertigungstechnologien. Die Umsetzung erfolgt zunächst mit Fokus auf das automobile Interieur der Zukunft sowie dem Maschinen- und Anlagenbau. Nach Etablierung des Gesamtsystems werden weitere Anwendungen aus unterschiedlichen Mobilitätsbereichen adressiert. Gemeinsam mit Partnerinstituten der Fraunhofer-Gesellschaft und (über das Projekt SE.MA.KI hinaus) der Technischen Universität Braunschweig werden fertigungsintegrierte Beschichtungslösungen erarbeitet und umgesetzt. Die Ergebnisse werden am Fraunhofer IST für die Planung und den Aufbau eines flexiblen Produktionssystems genutzt.
Oberflächen sind die Bereiche von Gegenständen, die wir als Mensch wahrnehmen bzw. über die Komponenten in komplexen Systemen miteinander agieren. Neben der rein technischen Funktionalität vermitteln sie uns ein Gefühl der Wertigkeit und bestimmen wesentlich das Design und damit die Akzeptanz beim Kunden.
Oberflächentechniken sind Fertigungsprozesse mit deren Hilfe die Eigenschaften dieser Bereiche weitestgehend unabhängig vom Grundmaterial gezielt eingestellt werden können. Die Komplexität moderner Beschichtungsprozesse wie z. B. der Dünnschichttechnik (CVD, PVD) erschwert jedoch eine wirtschaftliche Herstellung insbesondere kleiner Stückzahlen. Als Lösung sehen wir hier ein automatisiertes, modular aufgebautes Produktionssystem.
Die Oberflächentechnik spannt ein weites Feld auf: von dekorativen Schichten und isolierenden Barriereschichten auf Verpackungsmaterialien über optische Schichtsystemen auf Präzisionsfiltern bis hin zu reibarmen und verschleißfesten Schichtsystemen für Komponenten und Werkzeuge. Die Kosten pro Fläche oder Teil reichen dabei von weit unter einem Cent bis zu mehreren tausend Euro. Insbesondere bei kleinen Stückzahlen oder individuellen Lösungen liegen sie aber oft in einem unwirtschaftlichen Bereich.
Eine Kernfrage ist daher: Wie kann man die Oberflächentechnik einem breiten Anwendungsfeld in unterschiedlichen Branchen insbesondere durch eine Verringerung der Kosten zugänglich machen?
Im Wesentlichen gilt:
In bisherigen Beschichtungssystemen werden entweder Einzelanlagen geplant und sequentiell verbunden oder Mehrkammeranlagen mit mehreren Beschichtungstechnologien eingesetzt. Wir planen im Projekt SE.MA.KI ein vollständig aufeinander abgestimmtes Produktionssystem mit standardisierten Schnittstellen, welches einen modularen Aufbau und Wechsel der Technologien je nach Anwendungsfall erlaubt. Durch eine freie Verkettung der Anlagen können Schichtsysteme in beliebiger Reihenfolge abgeschieden werden, die Automatisierung und Parallelisierung von Aufgaben erlaubt eine größere Auslastung der Anlagen. Durch Numbering up der eingesetzten Prozesse kann ein Matrixsystem für die Beschichtungstechnik dargestellt werden.
Wir planen einen umfassenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und datenbasierten Methoden zur Prozesssteuerung und -nachregelung sowie zur inline-Qualitätssicherung. Die KI und der Anlagenbediener werden in enger Zusammenarbeit fundierte, datenbasierte Entscheidungen mit der notwendigen Innovationskraft des Menschen verbinden. Damit werden zum einen Einfahrzeiten deutlich verkürzt, zum anderen können neue Schichtsysteme auf Basis von Erfahrung und Ergebnissen der begleitenden Entwicklungsarbeit schneller umgesetzt werden. Voraussetzung hierfür ist die Selbstbeschreibung der Produkte, Prozesse und des Produktionssystems, die über notwendige Sensorintegration zur Zustandsüberwachung sowie der Anlagensteuerung zur Vernetzung der Zellen dargestellt wird. Ergebnis ist eine qualifizierte Beschreibung von Prozessparameter-Struktur-Eigenschaftsbeziehungen der Dünnschichtsysteme.
Oberflächentechnik ist als Querschnittsthema in allen Branchen essentiell, wird aber häufig als zusätzlicher, ergänzender Arbeitsschritt mit hohem finanziellen Aufwand in Investition und Betrieb betrachtet. Ein Lösungsansatz ist die Gestaltung von Schnittstellen zu anderen Technologien sowie neue Denkweisen in Konstruktion und Fertigung. Die Oberflächengestaltung wird in der Bauteilentwicklung und -fertigung mitgedacht und als integrativer Bestandteil verstanden. Im Projekt SE.MA.KI haben wir uns zum Ziel gesetzt, die notwendigen Schnittstellen zu schaffen und den Grad der Automatisierung der betrachteten Fertigungstechnologien auf das gleiche Niveau zu heben.
Im Projekt SE.MA.KI entwickelt Fraunhofer eine solide Basis für Unternehmen zur Realisierung eines flexiblen und adaptiven Produktionssystems für die Steigerung der Resilienz – die Matrixproduktion. Durch das Produktionssystem lassen sich nicht nur große, sondern auch kleine Losgrößen bis hin zur »Stückzahl 1« und individuell personalisierte Produkte schnell und kostengünstig herstellen. Der neue Ansatz begegnet Stückzahlschwankungen, der zunehmenden Produktvariantenvielfalt und wechselnden Herausforderungen wie Lieferkettenunterbrechungen oder Verschiebung technologischer Trends. Die Gestaltung des Produktionssystems hat einen großen Einfluss darauf, wie sich Unternehmen in ihrem Wettbewerbsumfeld zukünftig erfolgreich behaupten können.
Das gemeinsame Ziel ist, dass unsere Partner von der Expertise der fünf beteiligten Fraunhofer-Institute profitieren. Dies geschieht auf allen Ebenen der Produktion mit: