Die chemische Zusammensetzung und die Schichtdicke sind bei dünnen Beschichtungen oft die wichtigsten Parameter, die die Funktion der Schicht bestimmen. Eine Qualitätssicherung dieser Parameter ist daher, sowohl bei der Entwicklung als auch in der Produktion, essentiell. Die Elektronenstrahl-Mikroanalyse (EPMA) ist eine vielseitige Methode zur Charakterisierung dünner Schichten mit Dicken von Nanometern bis Millimetern. Die Mehrfachschicht-Analyse erlaubt die zerstörungsfreie Bestimmung der chemischen Zusammensetzung und bei Schichten im Sub-Mikrometer Bereich auch der Schichtdicken mit hoher Genauigkeit und Nachweisempfindlichkeit.
Bei der EPMA-Analyse wird die Probe mit einem fein fokussierten Elektronenstrahl zur Emission von Röntgenstrahlung angeregt, die mit Hilfe von mehreren wellenlängen-dispersiven Kristallspektrometern analysiert wird. Aus der Intensität der charakteristischen Röntgenstrahlung kann die chemische Zusammensetzung mit einer absoluten Genauigkeit von 1 - 3 wt% bestimmt werden. Bei Schichten, die dünner als 500 - 1000 nm sind, können – unter gewissen Randbedingungen – zusätzlich die Dicke der Schichten von Einzel- und Mehrschichtsystemen zerstörungsfrei bestimmt werden.
Wenn die Schichten relativ dick, d.h. > 1 µm sind kann die chemische Elementzusammensetzung unabhängig vom Substrat gemessen werden (vgl. nebenstehende Abbildung). Die Nachweisgrenze beträgt dabei ca. 0.01 wt% und die relative Genauigkeit 0.1 wt%. Die Ortsauflösung liegt, durch den fein fokussierten Elektronenstrahl, bei ca. 1 µm. Dadurch können sehr gut ein- und zweidimensionale Verteilung der chemischen Zusammensetzung gemessen werden, bei Schichten > 10 µm auch am Querschliff. Die nebenstehende Abbildung (rechts) zeigt einen Querschliff durch ein Stück Gusseisen mit graphitischen Ausscheidungen. Ein Linescan über eine der Ausscheidungen zeigt neben dem Kohlenstoff im Partikel 0.03 wt% Phosphor und in einer oberflächennahen Schale des Partikels bis zu 0.13 wt% Bor (links). Dies demonstriert die hohe Nachweisempfindlichkeit und die sehr gute Ortsauflösung des Verfahrens.
Neben der Analyse der chemischen Zusammensetzung ist bei Schichten kleiner 500 - 1000 nm auch eine Messung der Schichtdicke möglich. Der Elektronenstrahl kann in diesem Fall durch die Schicht bis in das Substrat eindringen. Dies geht sogar bei zwei- oder dreifach Schichtensystemen (vgl. nebenstehende Abbildung einer Mehrfachschicht-Analyse). Voraussetzung ist, dass jedes beteiligte chemische Element nur in einer der Schichten oder im Substrat vorkommt, damit die entsprechende Elementstrahlung eindeutig zugeordnet werden kann.
Die nebenstehende untere Grafik zeigt ein Beispiel einer magneto-optischen Speicherdisk aus Polycarbonat auf der sich unten eine Gd-Tb-Fe-Funktionsschicht befindet, die mit einer Al-Schutzschicht versehen ist. Mit Hilfe der EPMA-Dünnfilmanalyse kann ortsabhängig über den Radius der Disk simultan die Dicke beider Schichten und die Stöchiometrie der verborgenen magneto-optischen Schicht Punkt für Punkt bestimmt werden. Man erkennt einen starken Gradienten in der Schichtdicke der GdTbFe-Schicht von 70 auf 20 nm. Gleichzeitig variiert das (Gd+Tb)/Fe-Verhältnis signifikant über den Radius der Disk. Die Messdauer für diese Analyse betrug ca. 45 min.
Die Dünnfilmanalyse ist so empfindlich, dass damit unter günstigen Bedingungen sogar Monolagen eines Materials, die unter einigen 10-100 nm eines anderen Materials liegen, detektiert und vermessen werden können. So konnte etwa in einer Low-E Glasbeschichtung eine nur 0.3 nm dicke NiCr-Schicht unter 30 nm einer Metalloxidschicht in der Dicke bestimmt und die Stöchiometrie von Ni zu Cr gemessen werden.
Ausführlichere Erläuterungen und weitere Beispiele finden Sie in Vakuum in Forschung und Praxis, Vol 31, Nr. 3 (Juni 2019), S. 26–36.
Dieser Beitrag ist Teil des Jahresberichts 2019.