Ein Blick hinter die Kulissen der Ausgründung »Integrative Nanotech«

Interview /

Das Spin-off Integrative Nanotech mit Sitz in Kanada und dessen Mutterinstitut, das Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächentechnik IST aus Braunschweig, bündeln ihre Kompetenzen, um die Detektion von Wasserstofflecks voranzutreiben. Das langfristige Ziel ist es, den wasserstoffbetriebenen Transport­sektor gemeinsam in eine sicherere und effizientere Zukunft zu führen. Dr. Hunter King erzählt im Interview über den Weg zur Ausgründung, die Alleinstellungsmerkmale von Integrative Nanotech und die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IST.

Gründer und CEO von Integrative Nanotech Dr. Hunter King.
© Integrative Nanotech
Gründer und CEO von Integrative Nanotech Dr. Hunter King.

Lieber Hunter, du hast vorher am Fraunhofer IST gearbeitet. Was hat dich zu der Ausgründung bewogen?  Wer war daran beteiligt? Was gab es auf dem Weg für Herausforderungen und wie habt ihr diese gelöst?

Die Idee zur Ausgründung basiert auf einer zufälligen Entdeckung während einer Projektarbeit am Fraunhofer IST. Im Rahmen der Entwicklung von Materialien für MEMS-Sensoranwendungen haben wir durch Zufall eine neuartige Methode zur Herstellung von nanostrukturierten Silizium-Materialien in großem Maßstab entdeckt, die bessere Eigenschaften als die auf dem Markt erhältlichen aufweisen. Obwohl die Technologie sehr interessant war, legten wir sie zunächst beiseite, um uns auf die eigentlichen Projektziele zu konzentrieren. Etwa ein Jahr später kam ich jedoch auf dieses Material zurück und erkannte, dass es in einer Reihe von kommerziellen Märkten einen erheblichen Wettbewerbsvorteil bieten könnte. Da mein Hintergrund und meine Leidenschaft im Bereich der Sensoranwendungen liegen, war es für mich klar, mich auf diese Märkte zu konzentrieren. Ich glaube, dass persönliches Engagement und Interesse an einer Technologie fast genauso wichtig sind wie das Marktpotenzial, insbesondere, wenn man bedenkt, dass man noch Jahre damit verbringen wird, die Technologie weiterzuentwickeln und zu vermarkten. Nachdem ich eine allgemeine Marktausrichtung festgelegt und einige der Wettbewerbsvorteile unserer Technologie identifiziert hatte, beschloss ich, das Unternehmen zu gründen.

Ursprünglich war ich der alleinige Gründer, aber Volker Sittinger und Tino Harig waren von Anfang an parallel auf der Seite des Fraunhofer IST involviert. Sie und das Fraunhofer IST insgesamt haben mich unglaublich unterstützt, vor allem in der Anfangsphase unseres Unternehmens, in der es einige Herausforderungen zu bewältigen gab. So war es beispielsweise schwierig, in der Frühphase Finanzmittel zu beschaffen, um von der Idee zum ersten Proof-of-Concept zu gelangen.

Glücklicherweise wurde unser Unternehmen sowohl von den lokalen als auch von den bundesstaatlichen Behörden dank unserer starken Ausrichtung auf deren Ziele hinsichtlich Dekarbonisierung, Förderung der Wasserstoffwirtschaft und Stärkung der internationalen Beziehungen zwischen Deutschland und Kanada sehr unterstützt.

Integrative Nanotech – Was verbirgt sich hinter dem Namen? Was genau macht ihr? Welche Produkte / Dienstleistungen bietet ihr an? Wer ist am Unternehmen beteiligt?

Der Name ist ein direkter Verweis auf unsere firmeneigene Technologie, die uns einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Es handelt sich dabei um Nanotechnologie, die aufgrund unserer großtechnischen Produktionsmethoden in die Großindustrie integriert werden kann. Der Vorteil unseres Herstellungsverfahrens sind größere Produktionsmengen und niedrigere Produktionskosten im Vergleich zu herkömmlichen Produktionsmethoden für Nanomaterialien.

Auf dieser Technologie bauen wir auf, um die nächste Generation der Gassensorik zu entwickeln, die leistungsfähiger ist als das, was derzeit auf dem Markt erhältlich ist, und das zu einem wettbewerbsfähigen Preis. Unser erstes Produkt, das wir auf den Markt bringen wollen, ist ein Hochleistungs-Wasserstoffsensor für Leckerkennungssysteme (mit besonderem Schwerpunkt auf den wasserstoffbetriebenen Transportsektor). Unsere Technologie weist im Vergleich zu unseren Konkurrenten verbesserte Nachweisgrenzen und Reaktionszeiten auf und hat darüber hinaus noch einige andere Vorteile (z. B. die Fähigkeit, unter nicht atmosphärischen Bedingungen zu messen, ohne dass Sauerstoff benötigt wird). Wir stehen kurz vor der Pilotphase dieser Technologie und suchen nun nach Kunden, die daran interessiert sind, unser Produkt an ihre Bedürfnisse anzupassen. Unser Unternehmen besteht derzeit hauptsächlich aus technischem Personal mit einem ergänzenden Team aus Ingenieuren, Chemikern, Physikern und Informatikern. In den kommenden Monaten, insbesondere wenn wir Pilotversuche durchführen, ist jedoch eine Erweiterung des Teams geplant. 

Entwurf eines Prototypen des Wasserstoff-Leckerkennungssystems von Integrative Nanotech.
© Integrative Nanotech
Entwurf eines Prototypen des Wasserstoff-Leckerkennungssystems von Integrative Nanotech.

Welches sind die Alleinstellungsmerkmale von Integrative Nanotech? 

Integrative Nanotech verfügt über zahlreiche Alleinstellungsmerkmale. Unsere firmeneigene Technologie bietet mehrere Vorteile, da sie eine schnelle Funktionalisierung von Nanomaterialien zur Detektion einer Vielzahl unterschiedlicher Gase ermöglicht. Unsere Sensoren können daher nicht nur bei der Lecksuche (H2, NH3 usw.), sondern auch bei Anwendungen wie der Umweltüberwachung (CH4 usw.) eingesetzt werden. Die Expertise unseres Teams in Verbindung mit unserer Spitzentechnologie ermöglicht es uns, unseren Kunden in den verschiedensten Bereichen maßgeschneiderte Lösungen mit hohem Mehrwert zu bieten.

Was sind die (langfristigen) Ziele von Integrative Nanotech? 

Das langfristige Ziel von Integrative Nanotech ist ganz einfach: Wir wollen Nanomaterialien aus dem Labor auf den Weltmarkt bringen und damit die Sensorindustrie revolutionieren.

Welche Rolle spielt das IST aktuell und wird es zukünftig spielen? Wie sieht die künftige Zusammenarbeit von Integrative Nanotech und Fraunhofer / dem Fraunhofer IST aus?

Das Fraunhofer IST spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung unseres Unternehmens. Das Institut ist unser exklusiver FuE-Partner für die Entwicklung unseres ersten Produkts und betreut derzeit die Herstellung und Entwicklung der Materialien für unser Sensorelement, die wir wiederum in anwendungsspezifischen Tests weiter charakterisieren. Wir gehen davon aus, dass sich diese Zusammenarbeit auf die Produktion unserer Sensorelemente für die Prototypenphase ausweiten und schließlich zu unserem ersten Produkt auf dem Markt führen wird. Im Anschluss daran werden wir das Know-how des Instituts bei der Hochskalierung von System und Produktion nutzen, um eine eigene Produktionslinie für unser Produkt zu entwickeln. Während wir wachsen und neue Märkte erschließen, sehen wir das Fraunhofer IST in einer Schlüsselposition, da es uns mit seiner umfassenden Expertise und seinen Technologien in die Lage versetzt, die Produktentwicklung zu beschleunigen.

 

Über Dr. Hunter King

Dr. Hunter King ist der Gründer und CEO von Integrative Nanotech Ltd. Er schloss sein Studium des Maschinenbaus an der Dalhousie University ab, wo er an Lab-on-chip MEMS-basierten Sensorplattformen arbeitete. 2016 zog er nach Deutschland, um seine Arbeit im Bereich Materialentwicklung für Sensoranwendungen fortzusetzen. Er arbeitete als Projektleiter am Fraunhofer IST an der Entwicklung von Siliziummaterialien für MEMS- und Sensoranwendungen. Dr. King verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der Systementwicklung, Prozesssimulation und -digitalisierung sowie in der KI-basierten Datenanalyse. Nach seiner Promotion an der Technischen Universität Braunschweig war er in der CVD-Gruppe am Fraunhofer IST hauptverantwortlich für die Sensorentwicklung, bevor er 2022 in Kanada sein Unternehmen Integrative Nanotech Ltd. gründete.

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