Ein Blick hinter die Kulissen des geplanten Innovationszentrums in Helmstedt
Gemeinsam mit der Wirtschaftsregion Helmstedt GmbH sowie dem Fraunhofer IKTS arbeitet das Fraunhofer IST seit dem 1. November 2023 an dem Aufbau eines Innovationszentrums für Wissens- und Technologietransfer im Helmstedter Revier. Ziel ist es, Projekte mit unternehmensnaher Forschungs- und Entwicklungsperspektive anzustoßen und mit regionalen Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik in Zusammenarbeit mit weiteren Fraunhofer Instituten erfolgreich umzusetzen. Dr. Guido Hora, Business Development Manager am Fraunhofer IST, wird die Fraunhofer-interne Koordination übernehmen und den Aufbau eines Kontaktbüros anbahnen. Im Interview stellt er die Ziele, Aufgaben und Anforderungen des Vorhabens vor.
Was genau verbirgt sich hinter dem Innovationszentrum? Welche Themen werden dort zukünftig eine zentrale Rolle spielen? Wer sind die Partner?
Das zugrundeliegende Konzept dieses Projekts besteht hauptsächlich darin, über einen Zeitraum von zunächst vier Jahren Bedingungen zu schaffen, um regionale Innovationsvorhaben mit Schwerpunkt Technologie zu identifizieren, zu initiieren und zu begleiten. Der Fokus liegt dabei auf einer offenen Herangehensweise in Bezug auf die Technologien, die im Umfeld des Helmstedter Reviers umgesetzt werden sollen. Im Rahmen des Projekts sollen das umfassende Fachwissen und die Ressourcen der gesamten Fraunhofer-Gesellschaft in die Prozesse einbezogen werden. Folgende Themenschwerpunkte wurden gemeinsam mit dem Fraunhofer IST, der Helmstedter Wirtschaftsregion GmbH und dem Amt für Regionale Landesentwicklung Süd-Ost Niedersachsen für die erste Projektphase identifiziert:
A) Technologien und Dienstleistungen für die Energiewende
B) Ressourceneffizienz durch Kreislaufwirtschaft
C) Nachhaltige und digitale Landwirtschaft
Primär sollen regionale Synergien u.a. zwischen Fraunhofer, der TU Braunschweig, der Ostfalia Hochschule und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg auf- und ausgebaut werden. Ein Ziel ist es, eigene neue Dienstleistungen im Innovationszentrum zu entwickeln. Darüber hinaus werden vorhandene Kompetenzen im Bereich Wissens- und Technologietransfer genutzt, um gemeinsam mit regionalen Unternehmen am Campus Helmstedt Ideen und Innovationen in die Praxis umzusetzen.
Wie wird die zukünftige Arbeit am Innovationszentrum aussehen? Welche Rolle übernimmt das Fraunhofer IST am HELMIZ? Was sind die Aufgaben des Fraunhofer IKTS?
An dieser Stelle ist es zunächst wichtig darauf hinzuweisen, dass wir am Fraunhofer IST bereits seit mehr als einem Jahr gemeinsam mit der Wirtschaftsregion Helmstedt, aber auch mit dem Netzwerk Ackerbau Niedersachsen e.V. und weiteren Partnern im Helmstedter Revier aktiv sind und diese Region mit Innovationsthemen bereits sichtbar unterstützen. Von November 2022 bis November 2023 war das Fraunhofer IST beispielsweise im Rahmen des Projektes »HyExpert – Wasserstoffregion SüdOstNiedersachsen« für das Arbeitspaket »Regionale Wasserstoffwertschöpfungsketten« verantwortlich. Insofern wird die zukünftige Arbeit eine Verstetigung bereits begonnener Kooperationen mit der Erweiterung auf die neuen Themenschwerpunkte sein. Es geht im Kern also darum, vielversprechende öffentliche Innovationsprojekte für den Landkreis Helmstedt bereits ab der Antragsphase mitzugestalten und auch die Antragstellung zu begleiten.
Im HELMIZ übernimmt das Fraunhofer IST die Leitungsfunktion und koordiniert die Fraunhofer-internen und externen Aufgaben und Zielsetzungen mit Fokus auf der engen inhaltlichen Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsregion Helmstedt GmbH. Das Fraunhofer IKTS wird sich zunächst auf das Themenfeld »Nachhaltige und Digitale Landwirtschaft« fokussieren. Beispielsweise bestehen bereits erste Ideen, um mit einem großen Saatguthersteller aus dem Landkreis Helmstedt gemeinsame Entwicklungen für klima- und standortangepasste Nutzpflanzen mit Hilfe moderner Züchtungstechnologien anzustoßen. Des Weiteren ist ein Expertenworkshop gemeinsam mit dem Netzwerk Ackerbau Niedersachsen e.V. (NAN) auf der Burg Warberg e.V. im Frühjahr 2024 geplant. Ziel ist es, landwirtschaftliche Betriebe und Fraunhofer für Transferprojekte zusammenzubringen.
Geplant ist eine Kooperation mit der TU Braunschweig bzw. der Ostfalia Braunschweig / Wolfenbüttel. Wie genau soll die Zusammenarbeit aussehen?
Für den Erfolg des Innovationszentrums sind eine regionale Vernetzung sowie umfassende regionale Kooperationen von entscheidender Bedeutung, dies schließt eine enge Partnerschaft mit der TU Braunschweig und der Ostfalia Braunschweig/Wolfenbüttel ein. Die Zusammenarbeit ist darauf ausgerichtet, regionale Jungunternehmen als Treiber für Innovation und wirtschaftliches Wachstum zu unterstützen und im Landkreis Helmstedt anzusiedeln. Die Entrepreneure profitieren so von den Erfahrungen und Synergieeffekten beider Gründungsplattformen, des regionalen Entrepreneurship Hubs an der TU Braunschweig / Ostfalia und der Venture-Gruppe der Fraunhofer-Gesellschaft. Gleichzeitig fördert die Kooperation den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und erleichtert den Zugang zu hochqualifizierten Fachkräften.
Was wird sich für die Region Helmstedt durch das Innovationszentrum langfristig verändern?
Die geplanten Aktivitäten des Fraunhofer IST im Innovationszentrum Helmstedt erweitern die bereits seit Mitte 2022 in der Wirtschaftsregion Helmstedt GmbH etablierte Technologie- und Innovationsförderungsstelle, die im Rahmen des STARK-Projekts »Taskforce Klimaschutz durch Strukturwandel« eingerichtet wurde.
Für den Landkreis Helmstedt mit seinem ehemaligen Braunkohlerevier adressiert das Innovationszentrum der Fraunhofer-Institute die Umsetzung folgender strategischer und operativer Ziele des aktuellen Strukturentwicklungsplans und Leitbilds des Landkreises Helmstedt aus dem August 2021 und setzt diese um:
Innovation
- Strategische Stärkung der anwendungsorientierten Innovation
- Operative Unterstützung von Innovationen in Wirtschaft und Landwirtschaft, insbesondere KMU und Handwerk
Wissenstransfer
- Strategischer Ausbau des Wissenstransfers aus der Wissenschaft in die Unternehmen
- Operative Verstärkung der Kooperation aller Akteure im regionalen und sektoralen Innovationssystem zur Verbesserung des Wissenstransfers
Grundsätzlich wird durch das Innovationszentrum die Schaffung neuer höher qualifizierter Arbeitsplätze im Landkreis Helmstedt in den o.g. thematischen Schwerpunkten angestrebt.
Was bedeutet der Förderbescheid und die Gründung des Innovationszentrums für Sie als gebürtiger Helmstedter ganz persönlich?
Allein diese Frage weckt viele Emotionen in mir, die ich insbesondere mit meiner Kindheit in Helmstedt verbinde. Sehr oft habe ich die langen Schulferien bei meinen Großeltern im Zentrum der früheren Universitätsstadt Helmstedt fußläufig zum Wahrzeichen der Stadt, dem Juleum, in einem ehemaligen Professorenhaus verbracht. Ich habe Helmstedt als eine idyllische Kleinstadt vor den Toren Wolfsburgs in Erinnerung, die historisch, auf mich stets gepflegt und gut erhalten mit einem gewissen Wohlstandsflair durch die vielen ansässigen VW-Werksbeschäftigten wirkte. Meine zweite Großmutter war bei den Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke BKB in Helmstedt im Büro beschäftigt, was ich u.a. noch mit dem Geruch der Braunkohle in meiner Nase verbinde. Mit dem Mauerfall 1989 hat sich in meiner Wahrnehmung das Bild Helmstedt dramatisch verschlechtert. Danach ging es steil bergab mit der Stadt und dem Landkreis, und ich habe mir vertraute Orte teilweise nicht wiedererkannt. Verfallene Häuser – auch das meiner Großeltern ist immer noch in einem erbärmlichen Zustand – Leerstände, Stadtflucht etc. Seit gut 10 Jahren allerdings haben die aktuellen Stadt- und Landkreisverantwortlichen wieder mutige Entscheidungen getroffen und der Stadt und dem Landkreis Helmstedt neues Leben eingehaucht. Schon sehr vielversprechend, wenn ich beispielsweise heute über den Marktplatz vor dem Rathaus gehe – aber aus meiner Sicht braucht es noch mehr, insbesondere Innovationen und begeisterte Menschen, die in Helmstedt wertschöpfend arbeiten können und wollen und somit zum regionalen Wohlstandswachstum beitragen. Genau da liegt meine persönliche intrinsische Motivation, diesen Prozess durch die vielen Fraunhofer-Angebote, die sich in den Auf- und/oder Ausbau regionaler Wertschöpfungsketten integrieren und übertragen lassen, aktiv mitzugestalten und dadurch den regionalen Stellenwert meiner Geburtsstadt voranzutreiben.
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